Direkt zu den Inhalten springen

Wenn der gelbe Schein nicht ausreicht

Der Schlaganfall trifft Rudolf Pawlicki vor drei Jahren mit voller Breitseite. Von einem Tag auf den anderen ist der damals 56-jährige Kieler außer Gefecht. Es folgen sechs Wochen Lohnfortzahlung, anschließend Krankengeld. Pawlicki ist ein Kämpfer: Einige Monate später meldet er sich wieder fit – und das, obwohl die Folgen des Schlaganfalls noch lange nicht überstanden sind. Doch seine Arbeit in einer Poststelle kann er unter diesen Umständen nicht lange ausüben. „Ich konnte mich kaum konzentrieren, es ging einfach nicht.“

Wie Krankenkassen in Deutschland ihre Versicherten im Regen stehen lassen

Pawlicki muss sich erneut krank melden, das Krankengeld läuft wieder an. Auch eine Untersuchung auf Wunsch der Krankenkasse durch den Medizinischen Dienst (MdK) bestätigt seinen Anspruch. „Die Ärztin sagte zu mir, ‚Ihnen geht es ja richtig schlecht, da haben wir ganz andere Leute hier!'“, erinnert sich der heute 59-Jährige. „Diese Ärztin arbeitet heute auch nicht mehr für den MdK…“

„Wir halten es für realistisch, dass Sie sich der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit zur Verfügung stellen können“

Der Schock kommt drei Monate später. Ende Januar 2017 kommt ein Brief ins Haus. Von der Krankenkasse. Darin heißt es: „Wir haben eine gutachterliche Stellungnahme des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) eingeholt. Der MDK ist zu der Einschätzung gekommen, dass Ihre Arbeitsunfähigkeit noch bis zum 01.02.2017 medizinisch nachvollziehbar ist.“ Das würde bedeuten, dass ab der nächsten Woche kein Krankengeld mehr gezahlt wird. Aber Rudolf Pawlicki ist in den letzten Monaten gar nicht bei einem Gutachter gewesen.

Der MDK „hält es für realistisch, dass [Herr Pawlicki] sich [in einer Woche] der Arbeitsvermittlung der Agentur für Arbeit zur Verfügung stellen“ kann. Rumms. Das sitzt.

„Ich hatte keine Ahnung, warum die mir diesen Brief geschickt haben“, erinnert sich Rudolf Pawlicki. „Ein paar Monate vorher bin ich noch bei der MDK-Ärztin gewesen. Ich war laufend krank geschrieben, ohne Lücken. Und jetzt hatte irgend jemand nach Aktenlage entschieden, ich könnte wieder arbeiten gehen? Ohne mich je gesehen zu haben?“ Vorsorglich legt Pawlicki Widerspruch ein. Und er geht sofort zum Sozialverband.

Sozialverband kann Anspruch auf Krankengeld durchsetzen

Beim SoVD in Kiel übernimmt Simone Hahn den Fall. Die Kreisgeschäftsführerin schickt Rudolf Pawlicki erst einmal zum Arzt, um eine medizinische Begründung einzuholen. Darauf aufbauend verfasst sie in Pawlickis Namen eine schriftliche Widerspruchsbegründung. Neben den Folgen des Schlaganfalls leidet der Diabetiker unter starken Schmerzen an der Wirbelsäule – eine Folge von 20 Jahren harter Arbeit auf dem Bau. „Maßgeblich waren für das Krankengeld aber nach wie vor die Folgen des Schlaganfalls“, so Simone Hahn.

Es dauert drei Tage, da erhält Rudolf Pawlicki sein Krankengeld. „Ich frage mich nur immer“, so der 59-Jährige“, „bei wie vielen Menschen kommen die Krankenkassen damit durch?“

Für den Fall, dass Sie in einer ähnlichen Situation sind, hat Simone Hahn vom Sozialverband Schleswig-Holstein einen ganz klaren Rat: „Legen Sie auf jeden Fall Widerspruch ein! Bei fast allen Fällen, in denen das Krankengeld kurzfristig beendet werden sollte, haben wir den Anspruch unserer Mitglieder durchsetzen können.“

Der Widerspruch muss innerhalb von einem Monat nach Erhalt des Bescheides bei der Krankenkasse eingereicht werden. Simone Hahn empfiehlt außerdem: „Ein Widerspruch hat keine aufschiebende Wirkung. Damit Ihnen keine Nachteile entstehen, sollten Sie sich in einem solchen Fall immer vorsorglich beim Arbeitsamt melden. Auch wenn Sie eigentlich krank geschrieben sind.“

Rudolf Pawlicki ist froh, dass er damals die Hilfe des SoVD in Anspruch genommen hat. Sein Krankengeld wurde wiederhergestellt. Mit Unbehagen denkt er an diese Zeit der Ungewissheit zurück: „Ich habe 42 Jahre hart gearbeitet. Dann wird man einmal schwer krank, und die Krankenkasse behandelt Dich wie jemand, der zu faul zum Arbeiten ist. Das geht gar nicht.“

„Widerspruch einlegen. Auf jeden Fall.“

Eine Woche, nachdem der SoVD das Krankengeld von Rudolf Pawlicki durchgesetzt hat, wechselt dieser die Krankenkasse. Bei der neuen Versicherung läuft die Zahlung weiter, bei lückenloser Krankschreibung durch Pawlickis Ärzte. Doch auch die neue Kasse hat sich in der Zwischenzeit bereits gemeldet. Ganz nach dem Tenor „Können Sie nächste Woche nicht wieder arbeiten gehen?

Der Sozialverband Deutschland hilft in sozialen Angelegenheiten. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, unter anderem bei Auseinandersetzungen rund um das Thema Rente und Behinderung.

Sie wollen regelmäßig über neue Beiträge in unserem Blog informiert werden? Melden Sie sich einfach zu unserem Newsletter per E-Mail an!