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Wie beweise ich Erwerbsminderung?

Aktuelles

Lohnfortzahlung, Krankengeld, Erwerbsminderungsrente – das sind die wichtigsten Lohnersatzleistungen in Deutschland. Sie alle haben eines gemein: Um das Ihnen zustehende Geld zu bekommen, müssen Sie Ihre Erwerbsminderung oder Arbeitsunfähigkeit nachweisen. Doch das ist oft leichter gesagt als getan.

Wie weise ich Erwerbsminderung nach?

Wie weise ich nach, dass ich nicht arbeiten kann?

Grundsätzlich haben Sie allein nicht die Möglichkeit, diesen Nachweis zu erbringen. Sie benötigen eine ärztliche Bescheinigung, einen Befundbericht oder ein Gutachten. Je nachdem, welche Geldleistung Sie beantragt haben. Doch selbst diese Dokumente sind nicht immer ausreichend.

Bringen wir ein wenig Licht ins Dunkel und beschäftigen wir uns mit den drei unterschiedlichen Nachweisen.

Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung

Hierbei handelt es sich um den Ihnen sicherlich bekannten „gelben Zettel“, den Sie im Krankheitsfall in der Regel erst einmal nur beim Arbeitgeber einreichen müssen. Wann diese Bescheinigung in der Personalabteilung eingehen muss, steht entweder im Arbeitsvertrag oder einer Betriebsvereinbarung. Wenn Sie solch einen gelben Zettel ohne Unterbrechung beim Chef abgeben, erhalten Sie über diesen Weg bis zu sechs Wochen Lohnfortzahlung.

Sind Sie danach immer noch krank, bekommen Sie erst einmal kein Gehalt mehr. Da jetzt die Krankenkasse für Ihren Lebensunterhalt zahlt, müssen Sie Ihre Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung ab diesem Zeitpunkt unbedingt auch dort einreichen. Erst dann wird das Krankengeld überwiesen. Nach der Lohnfortzahlung noch maximal 72 Wochen lang.

Übrigens: Auch wenn Sie nicht in Lohn und Brot stehen, sondern Leistungen der Arbeitsagentur oder des Jobcenters in Anspruch nehmen, ist es wichtig, die Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung bei der jeweiligen Behörde einzureichen. Zum Beispiel, wenn Sie aus gesundheitlichen Gründen einen Beratungstermin verpassen oder eine Maßnahme nicht antreten können. Wie so häufig im Sozialrecht gibt es bei dieser Empfehlung jedoch auch Ausnahmen. Wenn Sie Arbeitslosengeld nach der Aussteuerung beziehen, können sich Situationen ergeben, in denen Sie die ärztlichen Nachweise eher nicht dem Arbeitsamt vorlegen sollten.

Ärztlicher Befundbericht

Während eine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung lediglich aussagt, dass Sie zum aktuellen Zeitpunkt nicht arbeiten können, beinhaltet ein Befundbericht detaillierte Informationen über Ihre gesundheitliche Situation. Der Befundbericht allein eignet sich nicht dazu, sich in der Firma krankzumelden. Vielmehr benötigen Sie ein solches Dokument immer dann, wenn es um eine spezielle Sozialleistung geht. Auch beim Antrag zum Schwerbehindertenausweis sind die Befundberichte das sprichwörtliche Salz in der Suppe.

Aus unserer Erfahrung beim Sozialverband wissen wir, dass an dieser Stelle viele Schwierigkeiten entstehen. Ihr Haus- oder Facharzt ist mit den Gegebenheiten des Sozialrechts oft weniger gut vertraut als Sie – seine Expertise besteht darin, Krankheiten zu erkennen und zu behandeln. Ein Befundbericht, der Ihnen zu Ihrem Anspruch von Kranken- oder Rentenkasse verhilft, muss jedoch gewisse Voraussetzungen erfüllen.

Das A und O ist, dass Ihr Arzt möglichst ausführlich schildern sollte, woran Sie leiden und in welcher Form sich diese Beschwerden äußern. Wenn im Befundbericht nur etwas von „Rückenschmerzen“ steht, wird Sie das weder beim Schwerbehindertenausweis noch bei der Erwerbsminderungsrente weiterbringen.

Erwerbsminderungsrente: Antrag und Voraussetzungen | volle und teilweise Rente | Hinzuverdienst und Versteuern

Der Befundbericht entscheidet also sehr oft darüber, ob es eine bestimmte Leistung gibt oder nicht. Wenn möglich sollten Sie Ihren Arzt daher auf diesen wichtigen Punkt hinweisen. Andernfalls droht Ihrem Antrag ein ungewisser Ausgang – mit überflüssiger Korrespondenz, Widerspruch und im Extremfall sogar einem Verfahren am Sozialgericht.

Ärztliches Gutachten

Das Gutachten unterscheidet sich vom Befundbericht dadurch, dass es nur von bestimmten Medizinern ausgestellt werden kann. Diese Ärzte arbeiten entweder unmittelbar für einen Sozialleistungsträger – zum Beispiel die gesetzliche Rentenversicherung – oder zumindest im direkten Auftrag für ein Honorar.

Wenn ein Gutachten die Aussage trifft, dass Sie dauerhaft weniger als drei Stunden am Tag irgendeiner beruflichen Tätigkeit nachgehen können  – dann hätten Sie in diesem Fall die medizinischen Voraussetzungen für eine Erwerbsminderungsrente erfüllt. Wenn die gleiche Formulierung durch Ihren Hausarzt in dessen Befundbericht getätigt wird, sind Sie noch nicht so weit. Natürlich würde dieser Bericht in das abschließende Gutachten hineinwirken – ob Sie am Ende Geld erhalten oder nicht, hängt aber letzten Endes am offiziellen Gutachten.

Befundbericht oder Gutachten – was brauche ich?

Ob Sie für Ihr konkretes Anliegen ein amtliches Gutachten oder erstmal nur den Befundbericht benötigen, hängt sowohl von Ihrem Antrag als auch von Ihrer individuellen Situation ab. Falls Sie in Schleswig-Holstein einen „Behindertenausweis“ beantragen, beruht das Verfahren in über 90 Prozent aller Fälle ausschließlich auf Befundberichten. Sie können sich Ihre Ärzte also aussuchen.

Anders bei der gesetzlichen Erwerbsminderungsrente. Hier müssen Sie so gut wie immer zu einem Amtsarzt, der Sie persönlich untersuchen wird. Natürlich stützt sich auch dieser Mediziner gern auf bereits vorhandene Befundberichte – diese Chance sollten Sie also unbedingt nutzen – am Ende wird er sich jedoch auch noch einmal selbst ein Bild von Ihrer gesundheitlichen Verfassung machen.

Erst der Nachweis, dann die Entscheidung

Wer in Deutschland erkrankt, sollte die drei unterschiedlichen Nachweise kennen: Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung, Befundbericht und ärztliches Gutachten dienen alle dazu, Ihre gesundheitlichen Einschränkungen zu dokumentieren. Sie kommen jedoch an unterschiedlichen Punkten im Kontakt mit Sozialbehörden ins Spiel.

Wenn Sie in einer aktuellen Notsituation sind und nicht mehr wissen, mit welchem Geld Sie in naher Zukunft über die Runden kommen sollen, empfiehlt sich eine persönliche Beratung. Auf diese Weise kann am besten festgestellt werden, welche Ansprüche gegenüber welcher Behörde für Sie vorliegen.

Der Sozialverband Deutschland hilft in sozialen Angelegenheiten. Wir vertreten unsere Mitglieder bis zum Sozialgericht, unter anderem bei Auseinandersetzungen rund um das Thema Rente und Behinderung.

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