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Krankmeldung nach dem Krankengeld

Solange das Krankengeld läuft, müssen Sie sich krankschreiben lassen. Denn sobald eine Lücke entsteht, kommen Sie in die Bredouille - und es gibt für diese Zeit keine Kohle. Komplizierter wird es, sobald das Krankengeld ausläuft.

Krankmeldung nach dem Krankengeld

Die Phase rund um die sogenannte Aussteuerung - also den Zeitpunkt, zu dem das Krankengeld ausläuft - gehört zu den schwierigsten Situationen im Sozialrecht. Das merken wir vor allem in unseren Sozialberatungszentren, in denen insbesondere zu diesem Thema immer wieder Fragen gestellt werden.

Aber was genau macht die ganze Sache eigentlich so komplex? Niemand zweifelt an, dass Sie ein ernstes gesundheitliches Problem haben - auch nicht dann, wenn Sie von der Krankenversicherung kein Geld mehr erhalten. Auch nicht im Kontakt mit der Arbeitsagentur. Das Problem liegt vielmehr in den sozialrechtlichen Details dieser ganz besonderen Situation. Und hier spielt der Begriff "Nahtlosigkeit" eine ganz wichtige Rolle.

Nahtlosigkeitsregelung und Krankmeldung

Sie werden das Wort "Nahtlosigkeitsregelung" nicht im Gesetz finden. Und doch ist es beim Thema Aussteuerung in aller Munde - denn jetzt entscheidet sich nicht nur die Frage, ob Sie Ihr Arbeitslosengeld "ganz geschmeidig" beziehen oder es etwas holperig werden kann. Nein, auch der wichtige Aspekt, ob Sie sich weiterhin krankschreiben lassen sollten, hängt genau an diesem Punkt.

Wenn Sie am Ende des Krankengeldes Ihr Arbeitslosengeld beantragen, werden dort zwei Verfahren in Gang gesetzt. Einmal schaut man sich an, ob Sie überhaupt einen Anspruch auf ALG I haben. In der Regel ist das so, wenn Sie aus dem Krankengeld kommen. Gleichzeitig nimmt auch der arbeitsamtsärzliche Dienst - was für ein Wort - seine Arbeit auf. Und diese Unterbehörde bei der Agentur für Arbeit muss nun prüfen, unter welcher Voraussetzung Sie Ihr Arbeitslosengeld erhalten.

Prüfung durch den ärztlichen Dienst der Arbeitsagentur

Dafür erhalten Sie einen Fragebogen über Ihre Gesundheit. Unter anderem müssen Sie darin angeben, bei welchen Ärzten Sie in Behandlung sind. Das ist wichtig, denn die Begutachtung des arbeitsamtsärztlichen Dienstes erfolgt nach Aktenlage. Sie müssen nicht persönlich zum Gutachter. Vielmehr wird man von Seiten der Arbeitsagentur Ihren Haus- oder Facharzt kontaktieren und um aktuelle Befundberichte bitten.

Außerdem sollen Sie sich mit Ihrem Chef in Verbindung setzen. Mit diesem Schritt soll hinterfragt werden, ob Sie innerhalb der Firma vielleicht noch eine andere Aufgabe übernehmen könnten. Eine, die Sie trotz Krankheit ausüben können. Dass ein Arbeitgeber hier mit einem sinnvollen Vorschlag um die Ecke kommt, ist aber nahezu nicht-existent. Zumindest nach unseren Erfahrungen.

Die nun alles entscheidende Frage lautet deshalb: Sind Sie noch länger als sechs Monate krank? Genau darüber muss der ärztliche Dienst der Arbeitsagentur urteilen. Denn nur wenn Sie voraussichtlich länger als sechs Monate arbeitsunfähig sind - im Gesetz werden 15 Wochenstunden genannt, also drei Stunden pro Tag, die Sie maximal schaffen dürfen - nur dann kann die Nahtlosigkeitsregelung bei Ihnen angewandt werden.

Wenn Sie im Rahmen der Aussteuerung das Arbeitslosengeld beantragt haben, kann es also folgendermaßen weitergehen:

1) Nahtlosigkeit

Nach Ansicht des Arbeitsamts sind Sie die nächsten sechs Monate nicht einsatzbereit. Auch wenn Sie offiziell noch einen Job haben. Das hat zur Folge: Sie werden von der Arbeitsagentur aufgefordert, eine Reha bei der Deutschen Rentenversicherung zu beantragen. Dafür haben Sie einen Monat Zeit. Kommen Sie dem nicht nach, stellt das Arbeitsamt die Zahlung ein.

Deswegen werden Sie den Antrag auf Reha stellen. Dort wird dann Ihr sogenanntes "Restleistungsvermögen" geprüft. Sollten alle Voraussetzungen vorliegen, kann damit eine Erwerbsminderungsrente bezogen werden.

Das dauert allerdings eine ganze Weile. Mitunter mehrere Monate. Damit Sie in dieser Zeit nicht mittellos sind, soll das Arbeitslosengeld diese Lücke zwischen Krankengeld und EM-Rente abdecken. Vor diesem Hintergrund hat sich der Name Nahtlosigkeitsregelung eingebürgert. In diesem Szenario können Sie sich weiter krankmelden. Gar kein Problem.

2) Nahtlosigkeit abgelehnt

Doch so läuft es nicht immer. Ist der arbeitsamtsärztliche Dienst der Auffassung, dass Sie nicht unter die Nahtlosigkeit fallen? Sie sind also nicht so krank, dass Sie vermutlich in den nächsten sechs Monaten als arbeitsunfähig einzuschätzen sind?

Jetzt wird es etwas schwieriger. Das Arbeitslosengeld bekommen Sie zwar trotzdem. Aber nur mit einem kleinen Taschenspielertrick. Sie müssen sich dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. In Vollzeit, wenn Sie das komplette ALG I erhalten möchten.

Das ist kein Tippfehler. Trotz lang anhaltender Krankheit, trotz ruhendem Arbeitsvertrag müssen Sie beim Arbeitsamt sagen: "Ja, im Rahmen meiner Möglichkeiten bin ich bereit, mich um passende Stellenangebote zu bemühen!" Diese Information müssen Sie vermutlich erst einmal verdauen.

"Wird die Nahtlosigkeit abgelehnt, bekommen Sie trotzdem Arbeitslosengeld. Lassen Sie sich nicht zum Jobcenter schicken!"

Christian Schultz, SoVD Schleswig-Holstein

Über diesen Kniff zahlt Ihnen die Arbeitsagentur Ihr Geld aus. Bleiben Sie hier hart und lassen Sie sich auch nicht mit der Bemerkung abspeisen, Sie müssten zum Jobcenter, weil sie krank sind. Auch wenn die Nahtlosigkeit nicht greift, haben Sie Anspruch auf die Versicherungsleistung ALG I. Theoretisch müssen Sie aber offen für eine passende Arbeitsstelle sein.

Jeder in dieser Gleichung weiß, dass das Quatsch ist. Sie, Ihre alte Firma, der Mitarbeiter im Arbeitsamt. Und trotzdem ist es die einzige Möglichkeit, an Ihr Geld zu kommen.

Keine Krankmeldung

Kommen wir zurück auf die Ausgangsfrage: Ihr Krankengeld ist ausgelaufen. Sie waren bereits bei der Agentur für Arbeit und warten auf Ihr Geld. Müssen Sie sich weiter krankschreiben lassen?

Falls die Nahtlosigkeit bei Ihnen wirkt, können Sie das tun. Sollten Sie aber in der blöden Situation sein, dass Sie den oben beschriebenen Trick anwenden müssen, ist Vorsicht geboten. Denn sobald Sie sich weiter krankmelden, ist das Risiko groß, dass man Ihnen den Geldhahn trotzdem abdreht. Und zwar mit der Begründung, dass Sie dem Arbeitsmarkt nicht zur Verfügung stehen. Vor diesem Hintergrund empfiehlt es sich, keine Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen mehr an die Arbeitsagentur zu schicken.

Fazit

Wie heißt es so schön beim Beziehungsstatus von manchen Menschen? "Es ist kompliziert." Ähnlich könnte man die schwierige Gemengelage auch für die Situation nach dem Ende des Krankengeldes beschreiben. Die Frage der Krankmeldung hängt zunächst mit der Nahlosigkeitsregelung zusammen. Wurde diese bei Ihnen festgestellt, ist die Sache eigentlich klar. Sie können sich weiter krankschreiben lassen.

Schwierig wird es, falls die Nahtlsigkeit bei Ihnen nicht zur Anwendung kommt. Um weiterhin Ihr ALG I zu beziehen, müssen Sie sich - zumindest theoretisch - dem Arbeitsmarkt zur Verfügung stellen. Eine dauerhafte Krankmeldung widerspricht diesem Gedanken. Deswegen sitzt das Arbeitsamt häufig auf Ihrem Geld, wenn Sie sich weiterhin nach der Aussteuerung krankschreiben lassen. Und auch mit Blick auf die fernere Zukunft kann eine Krankschreibung zum Problem werden. Denn in seltenen Fällen kommt es vor, dass ein erneuter Anspruch auf Krankengeld entsteht.

Lassen Sie sich am besten persönlich beraten, wenn Ihnen dieses Szenario schlaflose Nächte bereitet. So können Sie sichergehen, dass alles ordentlich abläuft und Sie nicht ohne Geld dastehen.